Franckesche Stiftungen, Studienzentrum August Hermann Francke, Archiv und Bibliothek

Bestände

Im Archiv der Franckeschen Stiftungen zu Halle befinden sich 116 Handschriften aus dem 16. bis 18. Jahrhundert in Hebräisch, Syrisch, Arabisch, Persisch und Osmanisch-Türkisch. Nach ihrer Herkunft lassen sich zwei Gruppen unterscheiden: Handschriften aus der MENA-Region (61) und Handschriften europäischer Herkunft (52). Die erste Gruppe enthält neben Koranen, Korankommentaren und Gebetbüchern vor allem Werke zum islamischen Recht, zur islamischen Geschichte, zur Mystik, Logik, Philologie, Lexikologie und Dichtung bekannter Autoren. Die zweite Gruppe umfasst vorwiegend Bibelübersetzungen und Übersetzungen christlicher Schriften, Wörterbücher, Grammatiken, kalligraphische Übungen und Abschriften berühmter Werke der arabischen, persischen und osmanisch-türkischen Dichtung und Literatur.

Sammlungsgeschichte

Die Handschriften sind auf sehr unterschiedlichen Wegen nach Halle in den Besitz der Glauchaschen Anstalten gekommen: Im Laufe des 18. Jahrhunderts wurden orientalische Handschriften dem Direktor des Halleschen Waisenhauses, August Hermann Francke, und dessen Nachfolger im Direktorenamt, seinem Sohn Gotthilf August Francke (1696–1769), dem Collegium Orientale Theologicum oder dem Institutum Judaicum et Muhammedicum als Geschenk übergeben. Sie gehören zum überwiegenden Teil zu den im 17. Jahrhundert in den Türkenkriegen, die Österreich und Russland gegen das Osmanische Reich führten, erbeuteten Schriften. Einige Handschriften wurden von Wilhelm Christian Schneider (1678–1725), einem Mitglied des Collegium Orientale, auf Empfehlung des christlichen Syrers Salomon Negri (1670–1729), der als Arabischlehrer und Übersetzer in Halle in den Jahren 1702 bzw. 1715 tätig war, aus Venedig nach Halle geschickt. Eine prachtvoll gestaltete Koran-Handschrift erhielten die Glauchaschen Anstalten 1760 aus Kalkutta von dem halleschen Indienmissionar Johann Zacharias Kiernander (1710–1799). In Halle selbst entstanden in den ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts in dem Bestreben, das Gedankengut des Halleschen Pietismus weltweit zu verbreiten, erste Wörterbücher, Gesprächsbücher und Grammatiken für die orientalischen Sprachen Arabisch und Persisch sowie für die indischen Sprachen Tamil und Telugu.

Kataloge

Die orientalischen Handschriften der Franckeschen Stiftungen wurden von Dr. Erika Pabst von 2001–2003 vollständig neukatalogisiert: Erika Pabst, Orientalische Handschriften im Archiv der Franckeschen Stiftungen zu Halle , Halle/Saale 2007.

Die Handschriften sind in einer Online-Datenbank erfasst und können auch über die Archivdatenbank recherchiert werden.

Zusätzliche Informationen zu der Sammlung und den Beständen finden Sie hier:

Friedrich August Arnold und August Müller, Verzeichnis der orientalischen Handschriften der Bibliothek des Hallischen Waisenhauses. Besonders abgedruckt aus dem Programm der Lateinischen Hauptschule , Halle 1876. Neu aufgelegt in: Fuat Sezgin (Hg.), Beiträge zur Erschließung der arabischen Handschriften in deutschen Bibliotheken Bd. 3, Frankfurt/Main 1987.